Die Kontaktanzeige eines Energieversorgers auf der Suche nach einem passenden Startup könnte wohl wie folgt klingen:
„EVU, Ü50, Single, gut situiert, nicht der Schlankeste, aber mit viel Erfahrung und lokaler Popularität sucht Startup, jung, dynamisch und ideenreich für eine Kooperation mit Perspektive. Bitte nur ernstgemeinte Anfragen.“ Ob diese Anzeige zum Erfolg führen würde? Es ist zu bezweifeln. Zwar sind die wesentlichen Charakterzüge und Anforderungen ehrlich beschrieben, doch zeigt die Anzeige nicht die individuelle Attraktivität des EVUs und lässt keine Aussagen zur Passfähigkeit zu. Die Anzeige würde also jeden Partner ansprechen, nicht nur den wirklich passenden. Zum Glück schreiben EVU keine Kontaktanzeigen. Doch wie entstehen Partnerschaften und was ist die richtige Methode für ein EVU, die wirklich passende Kooperation zu finden?
Wer ist der perfekte Partner?
In Diskussionen über Partnerschaften mit Startups wird häufig die finanzielle Beteiligung in den Vordergrund gestellt. Eine gute Kooperation muss allerdings viel mehr sein als eine koexistierende Investition – im Zweifel ist eine finanzielle Beteiligung auch gar nicht nötig. Startup und EVU müssen perfekt zueinander passen und sich in der Zusammenarbeit an zentralen Stellen ergänzen. Startups bringen Innovationsmentalität, agile Prozesse für die Projektarbeit sowie ausgeprägten Pragmatismus und Unternehmergeist ein. EVU bieten umfassende Branchen- und Kundenkenntnis, eine verlässliche Entwicklungsumgebung und haben Zugriff auf unterstützende Funktionsbereiche.
Bei erfolgreicher Suche werden also Kooperationen gefunden, welche die individuellen Stärken des anderen optimal einsetzen und fördern können. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten EVU eine effiziente Suchmethodik verwenden, die geeignete Startups im Markt identifiziert und anhand einer detaillierten Analyse filtert.
Wie werden Kooperationen gefunden?
Im privaten Umfeld werden Partnerschaften über viele Wege gefunden. Freundeskreis, Arbeitsplatz und Bekannte von Bekannten sind hier die klassischen Varianten. Andere Methoden sind ambitionierter: Vom organisierten Speed-Dating über den oberflächlichen App-Match bis hin zur algorithmischen Verkupplung mit Charakteranalysen. Wohl mit Erfolg schaut man auf das Wachstum des Marktes.
Ein Blick auf die Methoden in der Energiewirtschaft zeigt einen kleineren Alternativraum. Kooperationen entstehen meist aus bestehenden Kontakten und Projekten oder folgen reaktiv auf Anfrage suchender Startups. Aktiv wird mit Hilfe punktueller Recherchen bis zum turnusmäßigen Markt-Check gesucht. Ohne die Qualität bestehender Kooperationen bewerten zu wollen, scheint die Suchmethodik optimierbar zu sein. Stellt sich die Frage: Kann sich ein EVU etwas aus dem privaten Umfeld abgucken?
Welches Vorgehen verbessert die Trefferquote bei der Suche?
1. Über Startups informiert bleiben
Der Startup-Markt ist bunt, für eine gute Übersichtlichkeit sogar zu bunt. Viele Akteure tummeln sich bei hoher Fluktuation. Ein geeignetes Startup kann kurzfristig zur Verfügung stehen und bald schon finanziert und vom Markt verschwunden sein. Ausgangspunkt der Suche sollte daher eine stets aktuelle Datenbank sein.
2. Umfassende Informationen einholen
Die angebotenen Produkte und Leistungen der Startups sind vielfältig — und das bei unterschiedlichsten Entwicklungsstufen. Von herausragenden Ideen in der Orientierungsphase bis zum kundenreichen Performer mit erbrachtem POC (Proof Of Concept) hat der Markt einiges zu bieten. Möchte man gezielt suchen, bedarf es detaillierter Informationen, um nach dem passenden Partner filtern zu können. Die Formulierung von konkreten Suchfeldern kann hier die Suche vereinfachen.
Bei der Suche nach relevanten Startups kommt erschwerend hinzu, dass – wie im Privaten – vorab nur ein oberflächlicher Blick möglich ist. Market Insights, also Berichte aus der Praxis zu Erfahrungen mit genau diesem oder ähnlichen Startups sind immens wichtig.
3. Geschäftsmodell maßschneidern
Dockt man das Startup einfach nur an, entstehen nicht die gewünschten Mehrwerte. Im Gegenteil, es ist eine ausgeklügelte Verflechtungsstrategie erforderlich, die auch Details zur Anbindung berücksichtigt. Wie soll dabei das Most Viable Product, also der Kern der Startup-Idee, konkret genutzt werden? In welcher Kombination mit bestehenden Tätigkeiten des EVUs entsteht die größte Wertschöpfung?
Die con|energy unternehmensberatung unterstützt Sie bei Ihrer Suche nach einem passenden Kooperationspartner mit dem con|energy Startup Watch.
Erschienen im conenergy Newsletter Ausgabe 39 (November 2017).