Die Erwartungen von immer mehr Kunden an ihren Energieversorger sind durch digitales Know-how und Erfahrungen geprägt, die in anderen Branchen erworben werden. Vielen digitalen Geschäftsmodellen ist dabei gemein, dass sie die Assets Dritter einem breiten Publikum einfach, schnell, bequem und häufig kostengünstiger verfügbar machen. So hat z. B. Airbnb keine eigenen Zimmer – und generiert dennoch mehr Umsatz, als so manche etablierte Hotelkette und auch mytaxi besitzt keine eigenen Taxen.
Für die etablierten Anbieter einer Branche hat das weitreichende Konsequenzen: Um gegenüber „digitalen Anbietern“ konkurrenzfähig zu sein, werden z. T. gravierende technologische Veränderungen, neue Kundenkontaktkanäle sowie vielfach ganz neue Prozesse, Organisations- und IT-Strukturen benötigt. Und nur die wenigsten Mitarbeiter werden die dafür erforderlichen Kompetenzen bereits vorweisen können.
Dies trifft auch auf Stadtwerke zu. Nicht selten zahlen allerdings bereits etliche vergangene Aktivitäten auf das Konto der Digitalisierung ein. Eine systematische Strukturierung oder ein Zielbild fehlen aber oftmals noch. Zu Beginn der Auseinandersetzung mit der Digitalisierung muss daher der Anspruch stehen, ein gemeinsames Verständnis über alle Organisationseinheiten und Sparten, wie Energie, Telekommunikation, Mobilität, Bäder etc., eines Stadtwerks hinweg zu entwickeln und die eigenen Erwartungen an das Thema abzustecken.
Damit kann der digitale Transformationsprozess zielgerichtet in Gang gesetzt werden. Ganzheitliche Digitalisierungsansätze in einem Stadtwerk sollten mindestens folgende Bestandteile aufweisen:
- Smarte Produkte und Services auch in Form neuer Geschäftsmodelle, die intelligente Technik mit einem Mehrwert für den Kunden verbinden
- Durchgängig digitale Dialogmöglichkeiten entlang der Customer Journey bzw. auf allen genutzten Kanälen
- Entsprechend neu strukturierte und automatisierte Prozesse
- Informationen, die unternehmensweit zur Entwicklung und Vermarktung individueller Geschäftsmodelle und Angebote genutzt werden
- Systeme, welche die Speicherung, Erschließung und Analyse großer Datenmengen möglich machen und in der Lage sind, eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden zu erhalten. Nur so kann eine automatisierte und dem tatsächlichen Bedarf entsprechende Kommunikation (in Echtzeit) erfolgen
- Eine Unternehmenskultur, in der Digitalisierung nicht als ein einmaliges Projekt verstanden wird, sondern als langfristiger Transformationsprozess. Dieser wird zu Anpassungen in der gesamten Organisationsstruktur und bei der Mitarbeiterqualifikation führen
Digitalisierung ist damit keine ausschließliche Aufgabe der IT oder des Vertriebs, sondern von allen Unternehmenseinheiten, die ganzheitlicher, vernetzter und schneller bzw. agiler denken und handeln müssen.
Damit lässt sich Digitalisierung wie folgt zusammenfassen:
Die con|energy unternehmensberatung unterstützt Stadtwerke dabei, neben diesen strategischen Ansätzen konkrete Umsetzungsansätze zu definieren und zu etablieren. Getreu dem Motto „Nach dem Kauf ist vor dem Kauf“ ist z. B. das Angebot eines „Dienstleister-Portals“ denkbar, welches den Vertrieb kleinteiliger Angebote wirtschaftlich darstellbar macht. In der con|energy-Gruppe wurde ein solches Portal als White-Label-Lösung entwickelt. Damit wird es Stadtwerken möglich, Dienstleister vor Ort mit standardisierten und im Vorfeld fix bepreisten Leistungen verschiedenster Art gegen Provision an Kunden zu vermitteln. Kunden können auf diese Weise voll automatisiert sowohl Stadtwerk-eigene, als auch jede andere nicht energiewirtschaftliche, „frequenzbringende“ Handwerker-Dienstleistung in Anspruch nehmen. Das Besondere: Nicht der Dienstleister gibt den Termin für die Leistungserbringung vor, sondern der Kunde nennt seinen Wunschtermin und der erste, vorab qualifizierte Dienstleister, der sich darauf bewirbt, erhält den Zuschlag.
Weitere Umsetzungsansätze erarbeitet con|energy gerne in Abhängigkeit von Zielen und „digitalem Status quo“ Ihres Stadtwerks.
– Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem gleichnamigen Kapitel im Buch „Herausforderung Utility 4.0 – Wie sich die Energiewirtschaft im Zeitalter der Digitalisierung verändert“ (hrsg. von Oliver Doleski) der Autoren Dr. Roman Dudenhausen, con|energy ag und Dr. Heike Hahn, con|energy unternehmensberatung gmbh. –
Erschienen bei energate, e21.digital (Februar 2017).