Olten (energate) — Die geplante vollständige Öffnung des Strommarktes führt nach wie vor zu Diskussionen. Während die FDP sich zur Strommarktliberalisierung bekennt, aber auch notwendige Neuregelungen etwa in der Grundversorgung anmahnt, wollen die Verteilnetzbetreiber eine dezentrale Marktöffnung wieder ins Gespräch bringen.
Fehlendes Stromabkommen lastet auf Intraday-Handel
Die ausstehende vollständige Marktintegration der Schweiz via Stromabkommen belastet derzeit den Intraday-Handel. Das ist auch der Jahresbilanz der Epex Spot zu entnehmen, erläutert Davide Orifici, Head of Swiss Office. “Seit dem Start von XBID, der Kopplung der europäischen Intraday-Märkte, von denen die Schweiz ausgeschlossen ist, hat der Intraday-Markt Schweiz drastisch an Volumen eingebüsst”, so Orifici. 2017 vermeldete die Börse für die Schweiz ein Handelsvolumen im Intraday von 2,08 Mrd. kWh, 2018 waren es nur noch 1,25 Mrd. kWh. Am sichtbarsten ist dieser Verlust mit Blick auf den grenzüberschreitenden Handel, der mit Start von XBID zum völligen Stillstand kam.
Dezentrale Marktöffnung findet wenig Gehör
Der Dachverband der Schweizerischen Verteilnetzbetreiber DSV schlägt im Hinblick auf das neue Stromversorgungsgesetz eine Alternative zur einheitlichen Marktöffnung vor. Demnach soll jede Gemeinde einzeln per Volksentscheid darüber befinden. Die Energieversorger und die Parteien lehnen diesen Vorschlag ab. In seiner Stellungnahme zur Revision des Stromversorgungsgesetzes hatte der DSV Mitte Januar angeregt, eine dezentrale Marktöffnung in Betracht zu ziehen. Dies steht im Kontrast zur Vorlage des Bundesrats. “Alternativ könnte die Marktöffnung lokal auf Ebene Gemeinde per Volksentscheid beschlossen werden”, so der DSV.
Alpiq gewinnt Partner für grossen Batteriespeicher
Das Elektrizitätswerk der Stadt Maienfeld (GR) wird von April 2019 an einen grossen Batteriespeicher in seinem Versorgungsgebiet einsetzen. Mit dem Betrieb und der Bewirtschaftung der industriellen Grossbatterie hat das EW Maienfeld nach einer ordentlichen Ausschreibung den Energiekonzern Alpiq beauftragt. Der Einsatz der Batterie schaffe eine “Win-Win-Situation”, so Alpiq. Zum einen führe der optimierte Einsatz des Batteriespeichersystems im EW zur Vermeidung kostspieliger Lastspitzen im Versorgungsgebiet (Peak-Shaving). Zum anderen erlaube die Integration in den Alpiq-Systemdienstleistungspool, dass die Grossbatterie in einem ersten Schritt am Regelenergiemarkt für Sekundärregelleistung teilnehmen kann.
FDP: Speicherreserve löst Problem nicht
Die FDP bekennt sich zur vollständigen Öffnung des Strommarktes. In ihrer Vernehmlassungsantwort zur Revision StromVG schreibt die Partei, sie sei erfreut, dass damit endlich die Ungleichbehandlung der Endverbraucher im Strommarkt behoben und eine seit Jahren störende Marktverzerrung abgeschafft werde. Umso unverständlicher sei es, dass trotz der vollständigen Strommarktöffnung in der Grundversorgung erneut Preisregulierungen vorgeschlagen würden. Die FDP empfiehlt, nach dem Vollzug der Marktöffnung eine Wirkungsanalyse zu den Kosten, Effizienzgewinnen, zur Entwicklung der Erneuerbaren und zum Stand der Versorgungssicherheit durchzuführen.
Gerth: “Noch nicht dort, wo wir hinwollen”
Der Verband Swissesco will Energiespar-Contracting in der Schweiz fördern. Das Modell garantiert Immobilienbesitzern Energie- und CO2-Einsparungen, ohne dass sie selbst investieren müssen. Geschäftsführer Matthias Gerth zieht im energate-Interview Zwischenbilanz und erklärt, warum er sich von der Politik mehr Unterstützung wünscht. “Ich sehe bei einigen Mitteparteien grossen Nachholbedarf hin zu einem klaren Bekenntnis für mehr Klimaschutz, mehr Energieeffizienz und weniger CO2-Ausstoss. Gerade das Energiespar-Contracting böte ein marktwirtschaftliches Instrument, das ohne Subventionen und staatliche Intervention auskäme”, so Gerth. /kb/mf/vr